eu efre logo

 

Gleich und doch anders: Wie Wiederholungen von Umweltreizen im Gehirn verarbeitet werden

Verschiedene Netzwerke der Hirnrinde sind an wiederholter Reizverarbeitung beteiligt

In unserem Alltag sind wir permanent von verschiedenen visuellen und akustischen Reizen umgeben. Und viele davon wiederholen sich ständig. Nach einer Weile gewöhnen wir uns an sie, und unser Gehirn verarbeitet dann die gleichen Töne oder Bilder etwas anders. Die Arbeitsgruppe um Dr. Stefan Dürschmid vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) Magdeburg konnte zeigen, dass im menschlichen Kortex unterschiedliche Netzwerke dafür zuständig sind, entweder die Antworten auf Umweltreize selbst oder die Anzahl der Wiederholungen dieser Umweltreize zu repräsentieren. Die Studie ist im Fachmagazin Communications Biology erschienen.

Sehen wir ein Bild oder hören wir einen Ton, dann antwortet unser Gehirn quasi automatisch auf diesen Reiz aus der Umwelt – ob wir wollen oder nicht. Neurowissenschaftler Stefan Dürschmid erklärt: „Wenn sich Bilder oder Töne mehrmals wiederholen, werden die Gehirnantworten reduziert und gleichzeitig sind die Umweltreize vorhersagbar. Dieses Phänomen kann beispielsweise durch einen passiven Prozess wie die Adaptation, aber auch durch verbesserte Vorhersagen und somit weniger Vorhersagefehler erklärt werden.“

Reduzierte Gehirnantworten gehen häufig mit schlechterer Wahrnehmung einher. Die Wiederholung von Reizen führt aber eher zu einer verbesserten Wahrnehmung. Wie kann dieser offensichtliche Wiederspruch erklärt werden? „Wir nutzen für die Beantwortung dieses Rätsels subdurale elektrokortikographische Elektroden mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung. Mit einem akustischen Test konnten wir zeigen, dass es unterschiedliche Netzwerke einerseits für die Wahrnehmung und andererseits für das Lernen von Häufigkeiten von Umweltinformation im menschlichen Kortex gibt“, so Dürschmid.

In der Untersuchung haben insgesamt zehn Personen in San Francisco und Bielefeld eine Reihe von gleichen Aufgaben-irrelevanten Tönen gehört, die ab und zu von anderen abweichenden Tönen unterbrochen wurden. Das Team um Dürschmid fand durch Ableitung der neuronalen Aktivität direkt aus der Großhirnrinde distinkte Kortexbereiche, die mit einer Modulation hochfrequenter Aktivität auf die Reize reagierten, und das unabhängig davon, wie oft die Reize wiederholt wurden. Andere benachbarte Kortexbereiche zeigten keine Antwort auf die Töne; ihre hochfrequente Aktivität reduzierte sich jedoch mit der Reizwiederholung.

Dürschmid fasst zusammen: „Wir haben gesehen, dass die Netzwerke, die auf die Töne selbst antworten, von Theta-Aktivität moduliert werden, und in jenen Netzwerken, die die Wiederholung erfassen, dominiert Beta-Aktivität. Dabei fanden wir heraus, dass diese beiden Grundschwingungen gekoppelt sind und somit Information zwischen den Netzwerken ausgetauscht werden.“

Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die hochfrequente Hirnaktivität der Stimulus-detektierenden Netzwerke eine stabile und schnelle Wahrnehmung von Umweltreizen über längere Zeitintervalle hinweg ermöglicht, während die Wiederholungs-sensitiven Netzwerke ein internes Modell der Umwelt auf der Grundlage der Reiz-Historie unterstützen, um besser vorhersagen zu können, welche Reize als nächstes folgen werden.

Die Studie ist online verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36064744/ 

Paradigma

Die Noten stellen das untersuchte Paradigma dar: Die ersten Töne sind grün hinterlegt und grüne Kreise auf dem Gehirn zeigen die Bereiche, in denen die Antwort auf die Stimuli immer gleich war. Die blau hinterlegten Noten sind die wiederholten. Entsprechend sind die blauen Bereiche auf dem Gehirn jene, in denen die Kodierung der Wiederholung gefunden wurde. Grafik: Stefan Dürschmid

Pressetext: LIN

„Wissenschaft im Rathaus" - Stressbelastung, Konflikte und Mobbing am Arbeitsplatz als Risikofaktoren für psychische und psychosomatische Erkrankungen: Was können wir tun?

17.04.2024 - Am 29. April 2024, um 19 Uhr, spricht Dr. med. Florian Junne (Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Magdeburg)

Institutskolloquium Psychologie: Visual information processing in the human brain: The role of lateral occipital cortex in visual context integration

16.04.2024 - Am 23. April 2024, 17.15 Uhr im Geb.22a der OVGU, spricht PD Dr. Ralph Weidner (Research Center Jülich)

Eigenständiger Gedächtnistest per Smartphone kann Vorzeichen von Alzheimer erkennen

27.03.2024 - Digitaler Ansatz soll Weg für bessere Frühdiagnostik bereiten

weitere Meldungen

weiterlesen... 

Mitglieder

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

LIN Leibnizinstitut für Neurobiologie Magdeburg


Nachwuchsförderung

CBBS Graduierten Logo