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Hörkortex verarbeitet nicht nur Töne

 

Flexibilität des Gehirns bei der Assoziation eines Geräusches mit einer Handlung erforscht

Wie wir im Straßenverkehr auf das Hupen eines Autos reagieren sollten, hängt von der Situation ab, in der wir uns befinden: Stehen wir beispielsweise auf dem Bürgersteig vor einem Zebrastreifen, sollten wir besser stehen bleiben. Haben wir dagegen den Zebrastreifen schon fast überquert, sollten wir uns sputen. Forscher des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (LIN) und des Center for Behavioral Brain Sciences (CBBS) haben in einer Studie mit Langschwanzmakaken im Fachjournal eLife gezeigt, dass eine Assoziation zwischen akustischem Reiz und gelernter Reaktion im Hörkortex repräsentiert ist und dass diese unmittelbar an die verschiedenen Situationen angepasst werden kann.

Eine Folge von zwei Tönen erklingt. Der Langschwanzmakake weiß, dass er jetzt die Taste vor sich drücken muss, um eine Belohnung zu bekommen. Der Ablauf wiederholt sich etliche Male, dann ändert sich die Aufgabe im Experiment plötzlich: Das Tier darf die Taste nun nicht mehr drücken, wenn diese Tonfolge zu hören ist und er trotzdem die Belohnung haben möchte. „Doch diesen Aufgabenwechsel kriegt es sehr gut hin“, erklärt Versuchsleiter Prof. Dr. Michael Brosch. Er leitet am LIN das Speziallabor Primatenneurobiologie, das insbesondere die Hörverarbeitung bei Langschwanzmakaken untersucht. Zusammen mit seiner Kollegin Dr. Ying Huang und Prof. Dr. Peter Heil, Leiter der AG Hören, haben die Forscher aus Magdeburg die kognitive Flexibilität anhand dieses sogenannten Go/No-Go-Paradigmas untersucht.

„Die Tonfolge ist ein ganz einfacher Reiz, den die Langschwanzmakaken gelernt haben, schnell mit einer Handlung und deren Konsequenz in Verbindung zu bringen, sprich ob sie eine Belohnung bekommen oder nicht. Sie werden darin so perfekt trainiert, dass im Experiment ein bis zwei Drücker ausreichen, um diese kognitive Flexibilität zu zeigen“, so Brosch. Die Tiere werden dafür über ein Jahr lang auf die Experimente vorbereitet.

Mit Hilfe feiner Elektroden messen die Wissenschaftler dann, welche Nervenzellen für die Bewertung der Geräusche und die Handlungsreaktionen verantwortlich sind. Das Forscherteam konnte mit seiner Studie zeigen: „Die Antworten der Nervenzellen im Hörkortex auf die Tonfolge hängt davon ab, welche Reaktionen erfolgen muss. Der Hörkortex repräsentiert somit die Assoziation zwischen Geräuschen und Handlungen.“

Wichtig ist hierbei, dass auf den gleichen akustischen Reiz eine andere Reaktion zielführend ist, je nach Kontext. Die Langschwanzmakaken müssen im Experiment nach der Tonfolge zwischen ,drücken´ und ,nicht drücken´ unterscheiden lernen und blitzschnell ihre Handlungskonsequenz anpassen, um an die Belohnung zu gelangen. Ähnlich ist es beim Zebrastreifen-Beispiel: Wir müssen flexibel und schnell mit ,stehen bleiben´ oder ,weitergehen´ reagieren, damit uns das hupende Auto nicht anfährt.

„Bisher ist die Forschung davon ausgegangen, dass spezialisierte Gebiete im Assoziationskortex für die Verarbeitung von Reaktionen und Konsequenzen verantwortlich sind. Wir konnten jedoch zeigen, dass die Handlungsbewertung, die für die kognitive Flexibilität wichtig ist, auch im Hörkortex stattfindet“, so die Magdeburger Wissenschaftler. Darauf aufbauend wollen sie nun in weiteren Studien erforschen, welche Neurotransmitter für diese kognitive Flexibilität von Bedeutung sind, um herauszufinden, ob sich diese Flexibilität durch Medikamente verändern lässt.

Die Studie ist online verfügbar unter: https://elifesciences.org/articles/43281 

Pressetext: LIN

190613 Huang Brosch

Dr. Ying Huang (li.) und Prof. Dr. Michael Brosch (re.) werten die Ergebnisse ihrer Studie aus (Foto: LIN/Reinhard Blumenstein).

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